Suche
Close this search box.
  1. Home
  2. Klimaschutz

Klimaschutz beginnt in Wien am Klo

Abwasserreinigung auf hohem technischen Niveau erfordert einen hohen Energieeinsatz. Die ebswien kläranlage & tierservice wendet dafür mehr als 1 Prozent des von Wien Energie erzeugten Stroms auf. Den Löwenanteil, rund zwei Drittel des Verbrauchs der Kläranlage, benötigen die Mikroorganismen, die die Schmutzstoffe aus dem Abwasser entfernen, zum Leben.

Seit Jahren stand daher das Thema Energie bereits im Fokus der ebswien. So werden auf dem Anlagengelände Sonnenenergie, Wasser- und Windkraft genutzt und zahlreiche Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz umgesetzt. Der Strombedarf konnte durch die unter der Bezeichnung „SternE – Strom aus erneuerbarer Energie“ zusammengefassten Teilprojekte bereits um rund elf Prozent verringert bzw. durch erneuerbare Energie ersetzt werden. Als einem der ersten Unternehmen Österreichs gelang der ebswien schon im Jahr 2012 die Zertifizierung ihres Energiemanagementsystems nach ISO 50001. 

Mit dem Projekt E_OS – Energie_Optimierung Schlammbehandlung ging die ebswien einen entscheidenden Schritt weiter: Durch die Nutzung des erneuerbaren Energieträgers Klärgas kann ab 2021 nun die gesamte für die Abwasserreinigung benötigte Energie zur Gänze selbst auf dem Anlagengelände erzeugt werden. Wiens Kläranlage ist also auch ein echtes Öko-Kraftwerk. Und produziert sogar einen Überschuss an sauberem Strom und sauberer Wärme, der in die entsprechenden Netze eingespeist wird. Sehen Sie hier, wie das funktioniert!

Innovatives Verfahren

Schlammfaulungsanlagen entstanden früher vor allem zur Stabilisierung und Reduktion des Klärschlamms, der als „Reststoff“ bei der Abwasserreinigung anfällt, die dabei gewonnene Energie war nur ein „angenehmer Nebeneffekt“. Beim Projekt E_OS stand dagegen die größtmögliche Energieausbeute von Anfang an im Vordergrund. So entwickelte die ebswien gemeinsam mit dem Institut für Gewässergüte der Technischen Universität Wien ein innovatives Verfahren. Bevor der Schlamm in die Faulbehälter gelangt, muss ihm Wasser entzogen werden. Je „dicker“ der Schlamm dabei ist, desto besser für die Energiebilanz. Der Schlamm muss für die Faulung nämlich einschließlich des enthaltenen Wassers erwärmt werden. Ein geringerer Wasseranteil spart dabei Energie. Zu „dick“ darf der Schlamm aber auch nicht werden, da er sonst nicht mehr gepumpt werden könnte. Umfangreiche Testreihen in der E_OS-Versuchsanlage haben die theoretischen Annahmen eindrucksvoll bestätigt, die ebswien konnte die neuen Faulbehälter mit einem doppelt so hohen Feststoffgehalt wie üblich betreiben. Gute Ideen bringen also mehr Energie und sparten auch (Bau-)Kosten: Durch das neue Verfahren kam die ebswien mit weniger, nämlich sechs statt zwölf, Faulbehältern aus. Die jeweils 30 Meter hohen Türme prägen die Simmeringer Skyline dennoch nachhaltig.

Faulbehälter der ebswien, im Vordergrund ein Nachklärbecken. © Christian Houdek
Die Faulbehälter der Wiener Kläranlage © Christian Houdek

Klimaschutz mit Klärgas

Durch das Projekt E_OS wurde die ebswien vom großen Energieverbraucher zur energiepositiven Kläranlage. Sie kann also ab dem ersten vollen Betriebsjahr 2021 – über den Zeitraum eines Jahres betrachtet – mehr Öko-Energie (insbesondere Strom) aus dem erneuerbaren Energieträger Klärgas erzeugen, als sie für die Abwasserreinigung benötigt. Die Wiener Klimabilanz profitiert davon maßgeblich: Der Ausstoß von CO2-Äquivalenten sinkt um rund 40.000 Tonnen pro Jahr. Das entspricht 10.000 Erdumrundungen mit einem PKW.

E_OS ist damit eines der größten Klimaschutzprojekt der Stadt Wien. Das Projekt  wurde in den Jahren 2015 bis 2020 bei laufendem Betrieb der Kläranlage errichtet. Die Qualität der Abwasserreinigung für die Wienerinnen und Wiener war während der gesamten Bauphase garantiert. Vereinfacht gesagt, wurde jeweils ein Viertel der Altanlage abgerissen, auf der freien Fläche entstanden die neuen, deutlich höheren Becken. Nach ihrer Inbetriebnahme erfolgte der Abriss des nächsten Viertels der Altanlage, usw. usf. Daraus ergab sich die Bauzeit von mehr als fünf Jahren.

Die neuen Becken sind nun deutlich höher ausgefallen als ihre Vorgänger, auch das Beckenvolumen wuchs noch einmal deutlich. Dafür kommen die neuen Becken mit einer geringeren Grundfläche aus. Erst dadurch entstand genug freie Fläche für die Schlammbehandlungsanlage.

Balkendiagramm der Energiebilanz der Wiener Kläranlage vor und nach der Errichtung der Schlammbehandlungsanlage.
Leeres Belebungsbecken der 1. biologischen Reinigungsstufe mit Tellerbelüftern und Rührwerk. © Christian Houdek
Belebungsbecken der 1. biologischen Reinigungsstufe. © Christian Houdek

E_OS #1: Erneuerung der Altanlage

Die Becken der Vorklärung und der 1. biologischen Reinigungsstufe, die seit 1980 in Betrieb waren, hatten das Ende ihres Lebenszyklus erreicht. Die nötige Reinvestition brachte auch in diesem Teil der Kläranlage mehr Energieeffizienz, steigerte die Ausfallssicherheit und senkte die Instandhaltungskosten. Das Volumen der Becken im Baufeld wurde im Rahmen von E_OS um 50 Prozent vergrößert. Da die Belebungs- und Zwischenklärbecken deutlich höher ausfielen als bisher, kommen sie mit einer wesentlich kleineren Grundfläche aus. Der dadurch freiwerdende Platz konnte für die Schlammbehandlungsanlage – und damit für den Klimaschutz – genutzt werden.

E_OS #2: Errichtung der Schlammbehandlung

Im Klärschlamm sind die bei der Abwasserreinigung entfernten Schmutzstoffe gebunden, pro Jahr fallen in Wien rund zwei Millionen Kubikmeter Klärschlamm an. Das sichtbarste Zeichen der Schlammbehandlungsanlage sind die sechs jeweils 30 Meter hohen Faulbehälter mit einem Gesamtvolumen von 75.000 Kubikmeter. Dorthin gelangt der „voreingedickte“ und auf 38 Grad Celsius erwärmte Schlamm. Unter Luftabschluss bauen Bakterien die organischen Inhaltsstoffe des Klärschlamms ab. Während des 25 Tage dauernden Faulungsprozesses – der „anaeroben Stabilisierung“ – entsteht Klärgas, das zu zwei Drittel aus dem energiereichen Methan (CH4) besteht. Davon fallen 20 Millionen Kubikmeter pro Jahr an! Der ausgefaulte Schlamm wird aus den Faulbehältern abgezogen und verbrannt. Das Klärgas hingegen gelangt über Filteranlagen von den Gasbehältern in Blockheizkraftwerke, wo es in Gasmotoren verbrannt wird. Dabei entsteht nicht nur mechanische Energie, die mittels Generatoren in elektrischen Strom umgewandelt wird, sondern auch Wärme, die für Heizung und Warmwasserbereitung verwendet werden kann. Dadurch bringen es die Blockheizkraftwerke auf einen hohen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 80 Prozent.

Der ausgefaulte Klärschlamm wird im Werk Simmeringer Haide der Wien Energie thermisch verwertet.

Ein Mitarbeiter der ebswien steht im Inneren eines leeren Faulbehälters und blickt nach oben zum Rührwerk. © Christian Houdek
Wahre Größe. Im Inneren eines Faulbehälters der ebswien. © Christian Houdek

Zahlen, bitte!

E_OS-Baumassen
Erdaushub80.000 m3
Betonabbruch38.000 m3
Abbruch Rohrmaterial5 km
Beton verbaut120.000 m3
Bewehrungsstahl13.000 t
Verlegte Rohrleitungen40 km
Verlegte Kabel 510 km
Hinterfüllung/Schüttung125.000 m3
Asphaltierte Flächen28.000 m2
Grünflächen hergestellt20.000 m2

E_OS-Projektverlauf

2010
Startschuss

Auftrag an die ebswien zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie

2011
Machbarkeitsstudie

Die ebswien legt die Machbarkeitsstudie für das Projekt E_OS – Energie_Optimierung Schlammbehandlung vor.

2012
Einstimmig

Der Wiener Gemeinderat fasst den einstimmigen Beschluss, E_OS umzusetzen.

2013
Umweltverträglichkeitsprüfung

Die E_OS-Versuchsanlage nimmt ihren Betrieb auf, gleichzeitig startet die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).

2014
Ausschreibungsverfahren

Der positive UVP-Bescheid liegt vor. Das europaweite Ausschreibungsverfahren startet.

2015
Grundsteinlegung

Am 13. April 2015 legen Bürgermeister Michael Häupl und Umweltstadträtin Sima den Grundstein für das Projekt E_OS.

2016
Erste Becken in Betrieb

Die Vorklärung West geht als erste neue Beckengruppe in Betrieb.

2017
Biologie neu

Die Beckengruppe der 1. biologischen Reinigungsstufe Süd werden in Betrieb genommen.

2018
Faulbehälter wachsen

Die neue Vorklärung ist zur Gänze in Betrieb. Die sechs Faulbehälter sind im Betonbau fertiggestellt.

2019
Abschluss Reinvestition

Im Herbst 2019 geht auch die letzte neue Beckengruppe in der Zwischenklärung Nord in Betrieb. Die Reinvestition in Vorklärung und 1. biologische Reinigungsstufe ist damit abgeschlossen.

2020
Schlussstein-Enthüllung

Nach fünfjähriger Bauzeit ist das Projekt E_OS abgeschlossen: Am 4. Juni 2020 enthüllen Bürgermeister Michael Ludwig und Umweltstadträtin Ulli Sima den Schlussstein des Projekts. Die neue Schlammbehandlungsanlage kann nun ihren (Probe-)Betrieb aufnehmen.

2021

Mit Jahresbeginn 2021 geht die Schlammbehandlungsanlage der ebswien nach erfolgreich abgeschlossenem Probebetrieb in den Vollbetrieb.

Ein weißes "i" auf blauem Grund als Symbol für "Information".

1. AEV

Die Bezeichnung 1. AEV steht für die
„1. Abwasseremissionsverordnung für kommunales Abwasser“. Der Mindestwirkungsgrad bezieht sich auf das Jahresmittel, der Grenzwert auf die maximal zulässige Ablaufkonzentration im geklärten Abwasser.

Ein weißes "i" auf blauem Grund als Symbol für "Information".

Pges

Pges steht für Gesamt-Phosphor. Der Gesamt-Phosphor ist ein Summenparameter, der sich aus gelöstem anorganischen Phosphor (Orthophosphat) und gelöstem bzw. ungelöstem organischen Phosphor zusammensetzt.

Der Gesamt-Phosphor wird in mg P/l (Abwasser) angegeben.

Ein weißes "i" auf blauem Grund als Symbol für "Information".

NH4-N

(Ammoniumstickstoff)

Der Ammonium-Stickstoff (NH4-N) ist eine anorganische Stickstoffverbindung, die unter anderem beim biologischen Abbau organischer Stickstoffverbindungen (z.B. Eiweiß) entsteht.

Der Ammonium-Stickstoff wird in mg N/l (Abwasser) angegeben.

Ein weißes "i" auf blauem Grund als Symbol für "Information".

Nges

Nges steht für Gesamt-Stickstoff. Der Gesamt-Stickstoff ist ein Summenparameter, der sich aus dem organischen Stickstoffanteil (Harnstoff, Peptide, Proteine) und dem anorganischen Stickstoffanteil (Ammonium-Stickstoff und Nitrat-Stickstoff) zusammensetzt.
Ein weißes "i" auf blauem Grund als Symbol für "Information".

TOC

TOC steht für „total organic carbon”, also den gesamten organisch gebundenen Kohlenstoff. Zusammen mit dem chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) ist TOC eine wichtige Kenngröße für die Belastung eines Gewässers mit organischen Stoffen.

 

Angabe in mgC/l (Wasser).

Ein weißes "i" auf blauem Grund als Symbol für "Information".

CSB

Der CSB, kurz für Chemischer Sauerstoffbedarf, ist eine Kenngröße für den Gehalt an sauerstoffzehrenden Wasserinhaltsstoffen. Der chemische Sauerstoffbedarf ist der bei der chemischen Oxidation von organischen Wasserinhaltsstoffen unter genormten Bedingungen ermittelte Verbrauch an Kaliumdichromat, anzugeben als Sauerstoffäquivalent in „mg/l Wasser“.
Ein weißes "i" auf blauem Grund als Symbol für "Information".

BSB5

BSB5 steht für den biochemischen Sauerstoffbedarf in 5 Tagen. Dabei handelt es sich um eine Kenngröße für den Gehalt an biologisch abbaubaren Wasserinhaltsstoffen.

BSB5 bezeichnet die Sauerstoffmenge, die von Mikroorganismen in 5 Tagen verbraucht wird. Der biochemische Sauerstoffbedarf ist die Masse an gelöstem molekularen Sauerstoff, die von Mikroorganismen beim oxidativen Abbau (aber auch Umbau) organischer Inhaltsstoffe (Kohlenstoffverbindungen) des Wassers unter definierten Bedingungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums  (5 Tage) benötigt wird.

Der BSB5 wird in mgO2/l (Wasser) angegeben.